Nach den Plänen der Kommissionspräsidentin sollen alle EU-Bürger und Bürgerinnen „eine europäische digitale Identität“ bekommen, die sie „überall in Europa nutzen können, um alles zu tun, vom Steuern zahlen bis hin zum Fahrrad mieten“. Sie will für Europa umsetzen, was ID2020, Weltwirtschaftsforum, Weltbank und Homeland Security weltweit vorantreiben – um die automatisierte Überwachung der Weltbevölkerung zu vervollkommnen
In der Rede Ursula von der Leyens zur Lage der Union am 16. September ging neben einem verschärften Klimaziel eine andere wichtige Ankündigung unter. Die Kommissionspräsidentin sagte:
„Wir in Europa wollen ein Regelwerk, das den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Die Kommission wird im nächsten Jahr ein entsprechendes Gesetz vorschlagen. Dazu gehört auch die Kontrolle über unsere persönlichen Daten, die wir heute viel zu selten haben. Jedes Mal, wenn eine Website uns aufgefordert, eine neue digitale Identität zu erstellen oder uns bequem über eine große Plattform anzumelden, haben wir in Wirklichkeit keine Ahnung, was mit unseren Daten geschieht. Aus diesem Grund wird die Kommission demnächst eine sichere europäische digitale Identitätvorschlagen. Eine, der wir vertrauen und die Bürgerinnen und Bürger überall in Europa nutzen können, um alles zu tun, vom Steuern zahlen bis hin zum Fahrrad mieten. Eine Technologie, bei der wir selbst kontrollieren können, welche Daten ausgetauscht und wie sie verwendet werden.“
Man muss zwischen den Zeilen lesen, um den perfiden Plan zu entschlüsseln. „Dateneigentum“, hier ausgedrückt als „eine Technologie bei der wir selbst kontrollieren können, welche Daten ausgetauscht und wie sie verwendet werden“, ist ein Trick, um den europäischen Datenschutz durch die Vortäuschung von Freiwilligkeit auszuhebeln.
Das hat man sich von den Cookie- und AGB-Einwilligungen der digitalen Anbieter abgeschaut. Keiner liest sie, und wenn sie doch einer liest, hat er keine andere Möglichkeit, als zuzustimmen, oder auf den Dienst zu verzichten. Wenn die Marktführer in einem Segment großzügige Datenübergabe verlangen, hat man keine Chance als zuzustimmen. Der Verlust einer versprengten, einzelnen Kundin, die Widerspruch einlegt, ist immer zu verschmerzen. Um so mehr gilt das natürlich, wenn man etwas von der öffentlichen Verwaltung haben will.
Konzept aus den USA
Das Konzept dahinter haben sich die US-Homeland Security zusammen mit Accenture und Weltwirtschaftsforum unter dem Namen „The Known Traveller Digital Identity-Program“ ausgedacht. Ich habe mehrmals darüber geschrieben. Dabei ging es um Einreisekontrollen an Flughäfen, ein Feld wo besonders offensichtlich ist, wie vorgetäuscht und vorläufig die Freiwilligkeit der Datenherausgabe ist. Aber von Anfang an gehörte zum Plan die Ausweitung auf viele andere Anwendungsgebiete.
Das Konzept einheitlicher digitaler Identitäten für die Einwohner möglichst großer Weltregionen oder zumindest für alles was innerhalb eines Staates passiert, wird von einer Initiative namens ID2020 vorangetrieben.
Das Interessante an der einheitlichen digitalen Identität für die multinationalen IT-Konzerne, die amerikanischen und die sonstigen Geheimdienste und Polizeibehörden ist die indirekte Schaffung zentraler nationaler oder gar übernationaler Datenbanken, in denen jegliches Handeln aller Einwohner registriert und gespeichert wird. Und alle dort Gespeicherten sind problemlos und verwechslungsfrei identifizierbar. Auch beim Zusammenfügen der Daten zu Dossiers über die Bürger kommen keine Verwechslungen mehr vor.
Digitale Identität als Fortschritt zur Überwachung
Zwar sind für die großen Geheimdienste, Plattformen und Datenaggregatoren schon heute Unmengen Daten über fast jeden verfügbar. Diese sind jedoch wegen der vielen unterschiedlichen Formate in denen die Daten vorliegen und der manchmal ungenauen Identifizierung nur begrenzt automatisiert analysierbar. Die einheitliche digitale Identität wäre da ein riesiger Überwachungsfortschritt.
Als weiteres Element, von den gleichen Gruppen und Institutionen vorangetrieben, kommt die biometrische Unterlegung hinzu. Man muss sich mit Fingerabdruck, Iris-Scan oder Gesichtserkennung identifizieren, wenn man ein Gerät oder eine Plattform nutzt. Auf diese Weise schalten die Überwacher die Möglichkeit weitgehend aus, dass Geräte, die einem bestimmten Menschen zugeordnet wurden, von mehreren und den falschen Menschen genutzt werden.
Mit ihrem Plan zur einheitlichen digitalen Identität tritt die EU-Kommission in die Fußstapfen der autokratischen Regierung Indiens, die mit viel US-Unterstützung eine solche einheitliche biometrisch unterlegte Identität für alle 1,5 Milliarden Inder namens Aadhaar geschaffen hat. Das System hat sich als ein Datenschutzhorror herausgestellt.
Parallel zur einheitlichen digitalen Identität verfolgt die EU-Kommission ihre Roadmap zum einheitlichen digitalen Impfausweis weiter.
Auch wenn man keinen gesetzlichen Impfzwang einführt, wie uns das hoch und heilig versprochen wurde, ist absehbar, dass dann alle, die noch in ein Theater oder über eine Grenze oder vielleicht sogar in eine Kneipe oder an den Arbeitsplatz wollen, sich impfen lassen müssen.
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