Bundesgerichtshof: Facebook muss gesperrte Nutzer-Konten wieder freischalten

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Vor dem BGH wurde der Klage zweier Facebook-Nutzer stattgegeben. Facebook hatte deren Konten wegen angeblich diskriminierender Kommentare gesperrt. Das BGH entschied, ihre Äußerungen werden von der Meinungsfreiheit gedeckt. Ihre Konten und Beiträge müssen wieder online gestellt werden.

Für Facebook wird es nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) aufwendiger, Nutzer wegen Verstößen gegen Regeln des Online-Netzwerks zu sperren. Die Betroffenen sind zwingend vor einer drohenden Sperrung zu informieren und müssen die Möglichkeit bekommen, sich zu erklären. Über die Entfernung eines Beitrags muss zumindest nachträglich informiert werden. Zugleich hielt der BGH in zwei Urteilen gestern fest, dass Facebook bei Verstößen gegen die Plattform-Regeln in Deutschland weiterhin Beiträge löschen und Nutzerinnen und Nutzer sperren darf (Aktenzeichen III ZR 179/20 u.a.).

Die Entscheidung bezieht sich auf die weltweit geltenden „Gemeinschaftsstandards“, mit denen Facebook nach eigenen Angaben diskriminierende oder anstößige Inhalte verhindern will. Nicht alle Äußerungen, die Facebook verbietet, sind jedoch nach deutschem Recht strafbar. In den beiden entschiedenen Fällen hatten ein Mann und eine Frau wertend über Muslime und Zugewanderte geschrieben. Laut BGH waren diese Äußerungen von der Meinungsfreiheit gedeckt.

Weil Facebook die Beiträge damals sperrte, ohne die Nutzer zu informieren, muss das Unternehmen sie nun wieder freischalten und darf sie nicht noch einmal entfernen. Zum Zeitpunkt der Löschung im Jahr 2018 war in den Nutzungsbedingungen keine Information der Nutzer vorgesehen. Der BGH erklärte diese in dem Punkt deshalb für unwirksam.

In einem der Beiträge wurde den Angaben nach ein Video kommentiert, in dem eine Person mit Migrationshintergrund es ablehnt, von einer Polizistin kontrolliert zu werden. In dem Text hieß es unter anderem: „Die werden sich hier nie integrieren und werden auf ewig dem Steuerzahler auf der Tasche liegen … Diese Goldstücke können nur eines morden … klauen … randalieren … und ganz wichtig … nie arbeiten“.

Im zweiten Fall hieß es in dem von Facebook gelöschten Beitrag unter anderem: „Deutsche Menschen werden kriminalisiert, weil sie eben eine andere Ansicht von ihrem Heimatland haben als das Regime. Migranten können hier morden und vergewaltigen und keinen interessiert’s!“ Das BGH verbot es Facebook, die Klägerin für das Einstellen dieses Beitrags erneut zu sperren oder ihn zu löschen.

Die Position des Gerichts hatte sich bereits bei der Verhandlung vergangene Woche abgezeichnet. Damals hatte der BGH-Anwalt Christian Rohnke als Vertreter von Facebook eine vorherige Anhörung vor Sperrungen als „vollständig unpraktikabel“ bezeichnet. Tag für Tag gebe es Hunderte Fälle, und jede neue Beleidigung ermutige Gleichgesinnte.

Die Richter sehen eine Kollision der Grundrechte der klagenden Nutzer und der Online-Plattform. Auf Seiten der Kläger sei dies die Freiheit zur Meinungsäußerung. Für Facebook gelte die Berufsausübungsfreiheit, durch die das Netzwerk grundsätzlich berechtigt sei, die Einhaltung von Kommunikationsstandards vorzuschreiben, die über strafrechtliche Vorgaben hinausgingen.

Um einen Ausgleich der Interessen sicherzustellen, müsse sich die Plattform jedoch verpflichten, „den betreffenden Nutzer über die Entfernung eines Beitrags zumindest nachträglich und über eine beabsichtigte Sperrung seines Nutzerkontos vorab zu informieren, ihm den Grund dafür mitzuteilen und eine Möglichkeit zur Gegenäußerung einzuräumen“.

Facebook begrüßte in einer ersten Reaktion die BGH-Feststellung, dass das Netzwerk grundsätzlich berechtigt sei, Inhalte nach eigenen Richtlinien zu entfernen und die betreffenden Nutzerkonten zu sperren:

„Wir tolerieren keine Hassrede und setzen uns dafür ein, unzulässige Inhalte von Facebook zu entfernen. Wir begrüßen die Entscheidung des Bundesgerichtshofs, wonach wir grundsätzlich berechtigt sind, Inhalte nach eigenen Richtlinien zu entfernen und die betreffenden Nutzerkonten zu sperren. Wir werden die Entscheidung des Bundesgerichtshofs sorgfältig prüfen, um sicherzustellen, dass wir weiterhin effektiv gegen Hassrede in Deutschland vorgehen können.“

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