Zum 75. Jahrestag des Nürnberger Prozesses gegen die Hauptkriegsverbrecher des Zweiten Weltkriegs hat die Stanford University die historischen Akten dieses Prozesses digitalisiert und online öffentlich zugänglich gemacht.
Vom 20. November 1945 bis 1. Oktober 1946 mussten sich führende Vertreter des nationalsozialistischen Regimes vor einem internationalen Militärtribunal verantworten. Zu den 24 Hauptangeklagten zählten Hermann Göring, Rudolf Hess, Joachim von Ribbentrop, Wilhelm Keitel und Karl Dönitz.
Die Dokumente wurden vom Internationalen Gerichtshof in Den Haag zur Verfügung gestellt. Das United States Holocaust Memorial Museum in Washington hat die Dokumente digitalisiert. Die Stanford University machte die Dateien mit Hilfe von Texterkennung durchsuchbar und teilte sie in Arten von Dokumenten wie Anklage, Schlussplädoyer, Begnadigung und Zeugenlisten ein.
Über 5000 Dateien sind jetzt online

Es dauerte rund 20 Jahre, um 5.215 Dateien zu digitalisieren: insgesamt etwa 270.000 Einzelseiten oder 50 Terabyte an Daten. Etwa zwei Drittel der Dateien sind in deutscher Sprache. Das Archiv enthält auch restaurierte Tonaufnahmen aus Nürnberg, die 75 Jahre alt sind.
Die Sammlung ist unter dem Namen „ Taube-Archiv des Internationalen Militärgerichtshofs (IMT) in Nürnberg (1945-1946) “ einsehbar . Akten wie das Schlussplädoyer von Wilhelm Keitel, Generalfeldmarschall des Oberkommandos der Wehrmacht, können jetzt ohne Anmeldung online eingesehen werden.
„Wir müssen die heutigen technologischen Fähigkeiten nutzen, um ein viel breiteres und globales Publikum zu erreichen.“
David Cohen, Professor und Direktor des Lehrstuhls für Menschenrechte und internationale Justiz in Stanford
Weitere Veröffentlichungen geplant

Zusätzlich zu den Probeakten plant die Forschungsgruppe, weitere 1.000 Stunden Audio- und sechs Stunden Filmmaterial hinzuzufügen. Sie enthalten Aufzeichnungen des Gerichtsverfahrens gegen die 24 Hauptangeklagten. Diese Aufnahmen sollen Mitte 2022 folgen.
Erstmals in der Geschichte wurde die gesamte Regierung eines Landes angeklagt und musste sich aufgrund eigener Unterlagen verantworten. Zwischen 1945 und 1949 fanden weitere Prozesse vor dem Internationalen Militärgerichtshof, zwölf sogenannte Nürnberger Folgeprozesse, unter anderem gegen Ärzte, die Flick-Gruppe, die IG Farben, Generäle aus Südosteuropa und das Oberkommando der Wehrmacht statt. Die Akten der Folgeprozesse sind noch nicht im Archiv enthalten, sollen aber in Kooperation mit der Universität Erlangen-Nürnberg digitalisiert und auch online gestellt werden.
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